Der Fahrstil bestimmt den Kfz-Versicherungstarif

Veröffentlicht am 08.11.2021 Close up of a man using gps in car Ein Testzugang vor Vertragsabschluss ist sinnvoll, um das eigene Fahrverhalten einzuordnen Quelle: Getty Images Die Rating-Agentur Assekurata ermittelte in Kooperation mit WELT die besten Anbieter von privaten Kfz-Versicherungen. Laut einer aktuellen Studie dabei gehört Telematik-Tarifen die Zukunft.

Die Messung der individuellen Fahrweise eröffnet Kunden bei Telematik-Tarifen die Aussicht auf einen Prämienrabatt. Branchenexperten sehen darin einen globalen Zukunftstrend in der Autoversicherung. Auf dem deutschen Markt entwickelt sich das Angebot allmählich. Assekurata hat es hinsichtlich Leistungsstärke, Fairness und Kundenbedarf unter die Lupe genommen.

Laut einer aktuellen Studie der Ptolemus Consulting Group gehört Telematik-Tarifen in der Kfz-Versicherung die Zukunft. Die Berater erwarten, dass 2030 das weltweite Prämienaufkommen rund zehnmal höher als heute sein wird. In den USA oder Italien sind Telematik-Verträge bereits besonders weit verbreitet.

Deutschland hat hier hingegen noch Nachholpotenzial, wobei die hiesigen Versicherer mit neuen Tarifen nachziehen – manche zunächst probeweise, andere auch dauerhaft. Die beiden Marktführer HUK und Allianz haben bereits seit einigen Jahren eigene Telematik-Angebote im Portfolio. Sie erreichen im Assekurata-Test ein sehr gutes Urteil.

Daneben weisen zwei Tarife, die nur junge Fahrer (unter 30 Jahren) versichern, jeweils eine gute Bewertung auf. Andere Angebote, wie beispielsweise vom Anbieter Sijox oder der Württembergischen Versicherung, verfügen nicht über ein vergleichbares Rabattsystem wie bei den übrigen getesteten Tarifen, da die jungen Fahrer hier hauptsächlich von einer Sondereinstufung bei Vertragsabschluss profitieren und kein Rabattmodell mit Beitragserstattungen erhalten.

„Pay as you drive“

Das Fahrverhalten wird bei Telematik-Tarifen zumeist über eine App auf dem Smartphone gemessen. Bei manchen Anbietern ist ein zusätzlicher Sensor erforderlich, der im Fahrzeug angebracht werden muss. Die Versicherer nutzen die ermittelten Fahrdaten für eine individuellere Risikoerfassung als bei traditionellen Autoversicherungen. Statt sogenannten weichen Tarifmerkmalen wie Familienstand, Wohneigentum oder Berufsgruppe bemisst sich die Prämie dann anhand des tatsächlichen Fahrstils, ganz im Sinne von „Pay as you drive“. Vereinfacht gesagt, zahlen besonnene Fahrer weniger als Raser, weil ihr Unfallrisiko geringer ist.

Anfangs hatten es die Versicherer vornehmlich auf junge und digital affine Fahrer abgesehen, mittlerweile richten sich die Telematik-Angebote aber zumeist an eine breite Klientel. Menschen empfinden sie häufig als fairer, weil die Prämie auf dem eigenen Verhalten und den tatsächlich zurückgelegten Fahrstrecken beruht. Besonders relevant war dies während der Lockdowns, als das eigene Auto häufig in der Garage blieb.

Besonnene Fahrer zahlen weniger für die Versicherung als Raser, weil ihr Unfallrisiko geringer ist Quelle: picture alliance / dpa Themendie

So ist in Pandemiezeiten mit gesunkener Fahrzeugnutzung auch die Nachfrage nach Telematik gestiegen. Doch auch losgelöst von Corona locken Telematik-Tarife mit attraktiven Rabatten gegenüber herkömmlichen Kfz-Policen.

Gerade beim Rabatt, den Rabattformen und der Messung des Fahrverhaltens gibt es große qualitative Unterschiede, hat Assekurata herausgefunden. Zum Beispiel sollten Verbraucher hinsichtlich des angebotenen Einstiegsrabatts darauf achten, ob der Startbonus direkt gewährt oder später mit dem „erfahrenen“ Bonus wieder verrechnet wird. So scheint manches Angebot attraktiver, wenn es mit zehn Prozent Startbonus und 30 Prozent Folgebonus beworben wird. Wenn dann bei der nachträglichen Abrechnung statt erwarteter 40 Prozent nur 30 Prozent Bonus herauskommen, ist die Freude über den Rabatt womöglich getrübt.

Ohne Vertrag testen

Darüber hinaus kann sich bereits die Informationsbeschaffung schwierig gestalten. Üblicherweise sucht ein Kunde in den Versicherungsbedingungen. Dort wird er aber nicht immer ausreichend fündig. Vielmehr bieten die Anbieter die wesentlichen Informationen zu ihren Rabattsystemen auf ihren Internetseiten in Form von Portalen, FAQ-Seiten oder Foren an.

Zudem sind die Datenschutzbestimmungen und Nutzungsvereinbarungen häufig nur in der App einsehbar. Gibt es dafür keinen Testzugang, bleiben die Informationen dem Interessenten zunächst verborgen, was für das sensible Thema Datenschutz ein Manko ist.

Apropos Testzugang: Auch die Möglichkeit, sein eigenes Fahrverhalten zu testen, indem die App auch ohne Vertrag installiert und ausprobiert werden kann, besteht nicht bei allen Anbietern. Dies wäre jedoch nützlich, um die Funktionsweise der Technik kennenzulernen und den eigenen Fahrstil einem Praxischeck zu unterziehen – viele Fahrer überschätzen sich hier nämlich. Ein Test vor Vertragsabschluss kann aufzeigen, ob Versicherer und Kunde das gleiche Verständnis haben.

Doch konnten die Analysten von Assekurata durchaus auch empfehlenswerte Tarife identifizieren. Die Quintessenz lautet daher: Telematik ja, aber Augen auf beim Kauf.

Und hier geht es zu den Testsiegern.

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