Mega-Abi-Panne in NRW: Lag es an diesem Film?

Aktualisiert: 19.04.2023, 13:24 Uhr

Von: Maximilian Gang

Wegen einer Technikpanne musste die Abiturprüfungen in ganz NRW für Zigtausende Schüler verschoben werden. Womöglich war eine Datei an der Panne schuld, mutmaßt ein Schulleiter.

Köln – Tausende Schülerinnen und Schüler haben sich wochenlang auf diesen einen Tag vorbereitet: Am Mittwoch (19. April) sollten in Nordrhein-Westfalen Abiturprüfungen in insgesamt sechs Fächern abgehalten werden. Doch dann wurde die Prüfung im letzten Moment verschoben. Der Grund laut dem NRW-Schulministerium: eine „massive technische Störung“, flächendeckend konnten Schulen die zentral gestellten Abituraufgaben nicht herunterladen. Ein Schulleiter aus NRW vermutet: Es könnte an nur einer Datei gelegen haben.

Abi-Panne in NRW: War Filmdatei Grund für technische Probleme?

Erstmalig sollten bei den Prüfungen in den Naturwissenschaften in diesem Jahr Versuche aufgebaut werden, wie Andreas Tempel, Schulleiter an der Alexander-Coppel-Gesamtschule in Solingen, im Gespräch in der WDR 5-Sendung Morgenecho schildert. Dafür sollte ein entsprechender Film mitgeliefert werden. Die Befürchtung: Die hohe Datenmenge des Films könnte den Server zum Absturz gebracht und damit zu den Problemen beim Download geführt haben.

Schon bevor die Abitur-Vorbereitungen in die heiße Phase gingen, muss es wohl bereits Bedenken bezüglich der Neuerung gegeben haben, wie Tempel sagte: Verbände und Schulleitungen hätten „vorab darauf hingewiesen, dass man das am besten testen sollte“. Das sei jedoch nicht geschehen: „Wahrscheinlich ist es da jetzt steckengeblieben“.

NRW-Schulministerium nach Abi-Panne in der Kritik: Absage kam „viel zu spät“

Und noch ein weiterer Aspekt sorgt für Unverständnis bei dem Schulleiter: Laut Tempel gab es am Dienstag (18. April) bereits um 15:30 Uhr eine Mitteilung aus Düsseldorf, dass es Probleme beim Download gibt. Lange blieben Schüler und auch Lehrkräfte im Ungewissen, ob die Prüfungen stattfinden können. Erst rund fünf Stunden später – um 20:36 Uhr – gab es dann die Gewissheit: Die Abiturprüfungen werden auf Freitag (19. April) verschoben.

„Viel zu spät“, findet der Schulleiter aus Solingen: „Wir mussten danach ja noch alles wegräumen und die Schülerinnen und Schüler informieren, dass sie heute nicht zum Abitur kommen müssen – und die haben uns das erst gar nicht geglaubt. Wir haben dann nur gesagt: Ja, erster April ist jetzt schon längst vorbei und sie sollten mal die Presse anschauen, was da gerade so passiert“, so Tempel gegenüber.

Schülerinnen und Schüler laufen durch eine Tür zur AbiturprüfungTausende Schülerinnen und Schüler wurden erst im letzten Moment über die Verschiebung informiert. (Archivbild) © Lino Mirgeler/dpa

NRW-Schulministerin nach Abi-Panne „über Stunden abgetaucht“

Ähnliche Kritik kommt auch von Dilek Elgin, der schulpolitischen Sprecherin der SPD-Fraktion im NRW-Landtag. Dabei steht insbesondere die Landesschulministerin Dorothee Feller (CDU) im Fokus: Diese sei „über Stunden abgetaucht“ und hätte die Betroffenen zu lange im Ungewissen gelassen. „Ausbaden müssen es jetzt die Lehrkräfte und die Abiturienten“, sagte die Politikerin aus Wuppertal. „Im Übrigen insbesondere die Schülerinnen und Schüler muslimischen Glaubens, die am Freitag das Zuckerfest feiern“. In folgenden Fächern müssen die Prüfungen nun wiederholt werden:

  • Biologie
  • Chemie
  • Ernährungslehre
  • Informatik
  • Physik
  • Technik

Auch in den Kommunen sorgte das Vorgehen für Kritik. So etwa im Stadtrat von Köln: „Pannen, vor allem im technischen Bereich, passieren.“, so Stefanie Ruffen, die schulpolitische Sprecherin der FDP-Ratsfraktion. „Die größte und am einfachsten zu vermeidende Panne ist hier aber die Kommunikation. Ich selbst habe von der Verschiebung der heutigen Abiturklausuren gestern Abend über Twitter erfahren“, so die Politikerin. Auf der Seite des Ministeriums sei nichts zu sehen gewesen.

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Nach Abi-Panne: Auch am Nachholtermin drohen durch Bahn-Streik Probleme

„Ich fühle mit den Abiturientinnen und Abiturienten, die wochenlang auf den heutigen Tag hin gefiebert und hin gelernt haben und gestern Abend eine lapidare Meldung bekamen, dass sie erst am Freitag antreten dürfen“, sagte Ruffen. „Keine Entschuldigung der Ministerin, keine weitere Erklärung“.

Schul- und Bildungsministerin Dorothee Feller steht nach der Abi-Panne massiv in der Kritik. © Malte Krudewig/dpa

Zudem müssten Schulen ihre gesamte Planung umschmeißen. Auch ein Notfallplan müsse jetzt in kürzester Zeit erdacht werden, denn: In den Morgenstunden könnte es am Freitag zu massiven Einschränkungen im Bahnverkehr kommen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat die Beschäftigten zum Bahn-Streik in ganz Deutschland aufgerufen. Im Zeitraum von morgens drei Uhr bis vormittags um elf Uhr drohen Ausfälle bei der Deutschen Bahn.

NRW-Schulministerin Dorothee Feller äußerte sich in einer ersten Stellungnahme zurückhaltend zu den Gründen: „Wir glauben nicht, dass das Video die Ursache ist.“ Auch die neu eingeführte Zwei-Faktor-Authentifizierung für den Download könne eine Ursache sein. „Wir prüfen auch einen externen Hackerangriff“, so Feller weiter.

Sondersitzung nach Abi-Panne im NRW-Landtag: Können die Aufgaben noch verwendet werden?

In einer E-Mail an die Schulleitungen vom Mittwochabend um 20:32 Uhr, die der Deutschen Presseagentur (dpa) vorliegt, bedauert der Schulstaatssekretär Urban Mauer die technischen Probleme. Ein „in Aussicht genommener Lösungsversuch“ sei am Mittwoch leider erfolglos geblieben. Deshalb sei entschieden worden, die Abiturprüfungen auf den bisher prüfungsfreien Freitag zu legen. Schulen, die die Dateien bereits herunterladen konnten, werden in der Mail zudem gebeten, die konkreten Inhalte der Prüfungen geheim zu halten.

Auch das wirft Fragen auf: Dadurch, dass einige Schulen bereits Zugang zu den Prüfungen haben, könnte – mindestens theoretisch – eine Ungleichbehandlung von Schülerinnen und Schülern erfolgen. Ministerin Feller solle deshalb erklären, „wie sie ein rechtssicheres Abitur gewährleisten will“, so die SPD-Politikerin Engin. Schon in Kürze wird deshalb auch in der Landespolitik über den Fauxpas diskutiert: Am Donnerstagnachmittag hat die SPD-Fraktion eine Sondersitzung im Schulausschuss des Landtags beantragt. (mg, mit dpa)

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