Mode und Kunst: ZERO und der schöne Schein

Stand: 07:05 Uhr Autorenfoto Dr. Hoffmanns Redakteurin Kultur Weißer Anzug aus der Kollektion „ZERO“ der Designerin Viktoria Lorenz; schwarzes Baumwollkleid mit der weißen Null der ZERO-Gruppe Quelle: ZERO foundation Die Kunst der ZERO-Bewegung könnte für die aktuelle Mode eine Inspiration sein. Denn schon Künstler wie Günther Uecker, Heinz Mack und Yves Klein entwarfen hin und wieder Bekleidung. Anzeige Anzeige

Die Kunst der ZERO-Bewegung könnte für die aktuelle Mode eine Inspiration sein. Denn schon Künstler wie Günther Uecker, Heinz Mack und Yves Klein entwarfen hin und wieder Bekleidung.

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ZERO, das war die Kunst der Stunde Null. Mit ihren Werken wollte die Gründungscrew Otto Piene, Heinz Mack und Günther Uecker den Gräueltaten des Nazi-Regimes eine hellere, hoffnungsvollere Welt entgegensetzen. Nach dem Informel, der Kunst der späten 40er- und beginnenden 50er-Jahre, suchte eine jüngere Generation von Künstlerinnen und Künstlern einen Neufang, der von der Vergangenheit unbelastet sein sollte.

Die ZERO-Bewegung erprobte das mit Objekten, die durch Licht und Bewegung in den Raum greifen, Skulpturen aus transparenten Materialien, mit Spiegeln und weißen, silbernen und reliefartigen Gemälden. Solche Werke galten als Zeugen einer neuen Kunst-Zeitrechnung. Seit dem Beginn der 60er-Jahre fand die ZERO-Haltung schnell Anhänger – national wie international. Heute berühmte Akteurinnen und Akteure wie Yves Klein, Jan Schoonhoven, Lucio Fontana, Jean Tinguely und Nanda Vigo fühlten sich am Anfang ihrer Laufbahn von der neuen Ästhetik angezogen.

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Die Ausstellung „Ein Kleid. Monochrom. Zero und die Mode“ in der Düsseldorfer ZERO-Foundation geht der Frage nach, inwieweit Form und Farbe dieser Kunstrichtung auch die Mode beeinflusst hat. Ausgangspunkt der Untersuchung war für die Kuratoren Leonard Merkes und Romina Dümler die Kollektion „ZERO“ der Designerin Viktoria Lorenz aus den vergangenen zwei Jahren. Die zwölf Entwürfe der Wiesbadenerin orientieren sich eng an das Form- und Farbrepertoire von ZERO. So erkennt man in dem mit Silberspray überzogenen Ledermantel eine Verwandtschaft zu Heinz Macks Aluminium-Reliefs, ein Poncho mit luftig angebrachten weißen Stoff-Rechtecken erinnert an Enrico Castellanis Bildstrukturen und der waffelartig strukturierte Stoff eines Hosenanzugs an Jan Schoonhovens Pappmaché-Raster.

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Spannend wird es allerdings bei der Frage: Haben sich auch die ZERO-Künstler selbst für den schönen Schein interessiert? So wie es in den 20er-Jahren die Künstlerin Sonia Delaunay gerade vorbildhaft gemacht hat, in dem sie ihre Muster und Farbkombinationen gleichberechtigt für die Leinwand wie für Stoffkollektionen entwarf. Im Falle der ZERO-Kunst gibt es bislang keine belastbaren Hinweise auf eine ernsthafte, kontinuierliche Beschäftigung der Künstler mit dem Thema Mode.

Nichtsdestotrotz konnten die Kuratoren für die Ausstellung ein paar interessante Stücke zusammentragen. Da ist allen voran das sogenannte ZERO-Kleid. Dabei handelt es sich um ein kastig geschnittenes Kleid aus schwarzem Stoff mit einer großen weißen Null, die auf dem Vorderteil und dem Rückenteil appliziert wurde. Dieses Kleid, das meistens von Frauen getragen wurde, setzten Otto Piene, Heinz Mack und Günther Uecker bei unterschiedlichen Zero-Aktionen ein: beim ZERO-Fest 1962 auf den Düsseldorfer Rheinwiesen, auf dem ZERO-Prunkwagen beim Karnevalsumzug in Düsseldorf 1964, der Veranstaltung „ZERO: Edition, Exposition, Demonstration“ in der Galerie Schmela, 1961.

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Ein weiteres Beispiel für ZERO-Mode ist der Initiative von Rolf Hoffmann zu verdanken. Der ehemalige Besitzer des Mönchengladbacher Textilunternehmens Van Laack und Kunstsammler stellte 1984 die Frage: „Was bedeutet Kleidung für Sie?“ Unter den 50 Entwürfen waren auch solche von Günther Uecker und Heinz Mack. Uecker antwortete mit einer blumenartigen Textilskulptur, Mack mit einem Hemdkleid, dessen Saum so verläuft, dass es das Wort MACK bildet. In der Ausstellung sind Zeichnungen und Fotos davon zu sehen. Die Kleider haben sich nicht erhalten.

Kollektion „ZERO“ der Designerin Viktoria Lorenz. Der weiße Stoff erinnert an Enrico Castellanis Bildstrukturen Quelle: ZERO foundation

Im Original zu bewundern hingegeben ist ein ärmelloses Seidenkleid mit Überwurf und langen Handschuhen von Yves Klein. Dieses Ensemble entworfen hat der französische Künstler für die Frau des Architekten Werner Ruhnau anlässlich der Eröffnung des Musiktheaters im Revier in Gelsenkirchen 1959. Yves Klein hatte für das Musiktheater Bilder mit riesigen Farbschwämmen geschaffen – natürlich in seinem berühmten Yves-Klein-Blau. Bei dem Kleid für Anita Ruhnau entschied er sich allerdings nicht für sein Blau, wie man meinen könnte, sondern für Champagner-Rosé. Deutlich krawalliger ist das kanarienvogelgelbe Kleid mit dem scharfen Schlitz im Brustteil, das Lucio Fontana für die Modefirma Bini gemacht hat. Es befindet sich noch heute im Besitz der italienischen Unternehmer-Familie.

Und welche Kleidung favorisierten die ZERO-Herren für ihre eigenen Auftritte? Wenn es um Inszenierung ging, griff Heinz Mack gerne zu seinem silbernen Astronautenlook und Günther Uecker gerne zu Weiß. Und auf Fotos sieht man das Düsseldorfer Dreigespann mit Otto Piene adrett gekleidet im Anzug – so wie es auch die Beatles in jenen Jahren taten. Das stand im Gegensatz zu Joseph Beuys, der sich mit Anglerweste und Hut eine Art Outsider-Look verlieh.

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Vieles in der Ausstellung „ZERO – Mode“ bleibt im Ungefähren. Aber vielleicht ist es ja ganz erbaulich, sich einfach mal Gedanken darüber zu machen, was hätte sein können, wenn diese Künstler sich systematisch dem profanen Schönen hingegeben hätten.

Bis 2. Juli; „Ein Kleid. Monochrom. Zero und die Mode“; ZERO foundation, Düsseldorf Hüttenstraße 104, Öffnungszeiten: sonntags 13 bis 17 Uhr

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