Veröffentlicht am 09.09.2022
Nach ersten Protesten in Ostdeutschland gegen die Energiepolitik der Bundesregierung blicken auch die Sicherheitsbehörden in Nordrhein-Westfalen mit Sorge auf den anstehenden Herbst. Die hiesige extremistische Szene habe die Energiekrise bereits für ihre Zwecke aufgegriffen, sagte der Chef des NRW-Verfassungsschutzes, Jürgen Kayser, der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ am Freitag, 9. September.
Die Corona-Schutzmaßnahmen spielten in der Gesellschaft momentan keine große Rolle, daher könnten die Extremisten damit nicht mobilisieren. „Und so suchen sich diese Leute Themenfelder, die die Bevölkerung beschäftigen, und nutzen sie dann, um die Menschen zu radikalisieren.“
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Die Extremisten organisieren sich nach Kaysers Worten in Messenger-Diensten wie Telegram, von denen es mehrere hundert mit zum Teil 80.000 Abonnenten gebe. „Ich halte solche Dienste wie Telegram für eine Gefahr für die Demokratie, wenn der Rechtsstaat sein Recht nicht mehr durchsetzen kann“, sagte der Verfassungsschützer. „Und das ist das, was wir bei Telegram in Teilen derzeit erleben.“ Die Ermittler fänden dort Chats, in denen Attentate wie in Hanau und in Christchurch glorifiziert würden. „Da sind zum Teil Kinder drin im Alter von zwölf bis 16 Jahren. Sie haben also schon früh einen Zugang zu extremen Inhalten“, warnte Kayser.
Der Verfassungsschutz in NRW beobachtet nach seinen Worten auch, dass sich derzeit Rechtsextremisten und die sogenannte Delegitimierer-Szene noch stärker vernetzt als während der Corona-Proteste. „Es scheint so, dass diese Grenzen jetzt verwischen“, sagte Kayser. In Köln sei zum Beispiel die prorussische Demonstration am 4. September, die von einer in der ehemaligen Sowjetunion geborenen Frau angemeldet worden war, ganz offen von Rechtsextremisten unterstützt worden, darunter auch Rechtsextremisten aus Ostdeutschland.