Kliniken am Limit: Versorgung von Kindern ist nicht mehr gesichert

Veröffentlicht am 01.12.2022 Ein am Respiratorischen Synzytial-Virus (RS-Virus oder RSV) erkrankter Patient liegt auf einer Kinderstation des Olgahospitals des Klinkums Stuttgart in einem Krankenbett Die Kinderkliniken in Deutschland haben aktuell große Schwierigkeiten, alle schwerstkranken kleinen Patienten zu versorgen Quelle: dpa/Marijan Murat Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen. Podcast freigeben Die Kinderkrankenhäuser in Nordrhein-Westfalen schlagen Alarm: Zwei heftige Krankheitswellen sorgen für volle Betten und überlastetes Personal. In Düsseldorf sei man zum Teil „maximal ausgelastet“ und die Situation „maximal angespannt.“ Anzeige Anzeige

Viele Kinderkliniken in Nordrhein-Westfalen klagen über eine starke Belastung aufgrund vermehrter Lungen-Erkrankungen bei Kindern. Derzeit seien zwei Erkrankungswellen feststellbar, sagte der Sprecher der Düsseldorfer Universitätsklinik, Tobias Pott: „Eine RSV-Infektionswelle, die vor allem die ganz Kleinen im ersten Lebensjahr trifft, sowie eine Grippewelle, die vornehmlich den Kindern bis ins Grundschulalter massiv zu schaffen macht.“ Ein Höhepunkt der Infektionen mit Influenza und RSV sei aktuell deutschlandweit nicht abzusehen, betonte Pott. In Düsseldorf sei man zum Teil „maximal ausgelastet“ und die Situation „maximal angespannt.“

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Erkrankungen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) verlaufen meist harmlos. Insbesondere bei vorerkrankten Kindern könne eine Infektion so schwer verlaufen, dass sie in eine Klinik eingewiesen werden müssen, sagte Heymut Omran, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Münster. Gerade bei Säuglingen und Kleinkindern können lebensbedrohliche Zustände eintreten. Auch ein langer Krankentransport könne je nach Zustand des erkrankten Kindes bedrohlich sein, sagte Omran. In Münster sei man allerdings bereits gezwungen gewesen, Kinder bis ins Ruhrgebiet zu verlegen, weil alle Betten belegt waren.

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Ein ähnlich dramatisches Bild zeichnet sich auch in Aachen und Köln ab. Bisher habe die Universitätsklinik in Aachen alle Patienten aufnehmen können, sagte ein Sprecher.

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Im Rheinland seien phasenweise „alle Betten komplett voll“, konstatierte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin und Direktor der Kinderklinik im Universitätskrankenhaus Köln, Jörg Dötsch. Sechs bis sieben Stunden Wartezeit in der Notaufnahme seien ebenfalls keine Seltenheit. Dass das eine sehr belastende Situation für die Familien der kleinen Patienten und Patientinnen ist, sei keine Frage. „Es ist sehr unangenehm, wenn Kinder und ihre Familien in der Notaufnahme quasi campieren müssen“, sagte Dötsch.

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Die aktuelle Situation sei eine extreme Belastung für alle Seiten, betonte Dötsch. Von einer Katastrophenmedizin sei man allerdings weit entfernt: „Wir müssen nicht über Leben und Tod entscheiden.“ Auch Kinder- und Jugendärzte sind von den vermehrten Erkrankungen betroffen. „Im ambulanten Bereich ist gerade „Land unter““, erklärte Michael Achenbach vom Berufsverband Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in Westfalen-Lippe. Vorsorgetermine würden abgesagt, um akut kranke Kinder zu behandeln. Auch bei ihm dominierten RSV und Grippe, die wenigen Corona-Fälle, die Achenbach und seine Kollegen und Kolleginnen aktuell behandelten, liefen schon unter „ferner liefen“.

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Eine schnelle Linderung des Problems sei kaum denkbar, heißt es von verschiedenen Stellen. „Die aktuelle Situation kommt mit jahrelanger Ansage, niemand kann sagen, man habe es nicht gewusst“, sagte Georg Hülskamp vom Clemenshospital in Münster.

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Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin fordert eine bessere Finanzierung. Durch Sparmaßnahmen und Überbelastung hätten insbesondere viele Pflegekräfte ihre Arbeitsplätze oder die Branche verlassen. In Münster plane man im kommenden Jahr unter anderem mit der Wiedereinrichtung einer auf Kinderkrankenpflege spezialisierten Ausbildung.

Kinder- und Jugendarzt Axel Gerschlauer vom BVKJ Nordrhein sieht derzeit zwei Probleme: Die verfrühte und ungewöhnlich starke Infektionswelle mit viralen Atemwegserkrankungen und einen politikverschuldeten Mangel an pädiatrischen Krankenhausbetten. Es sei frustrierend und mache wütend, dass die Warnungen aus der Branche jahrelang als das typische Arzt-Gemecker abgetan worden sei, beklagte Gerschlauer. „So unglaublich das für Deutschland ist, aber die ambulante und stationäre Versorgung ist für Kinder nicht mehr gesichert. Kinder haben eben keine Lobby und die Kinderheilkunde dadurch auch nicht.“

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